Themenübersicht zum Antiken Hellas

Einleitung

Athena ist die griechische Göttin der Kriegskunst, der Weisheit, der Künste und Wissenschaften und des Friedens. Ihr Vater ist Zeus, neben dem sie im Olymp thront und dem sie sich sehr verbunden fühlt. Ihm ist sie praktisch gleichgestellt - ganz im Gegensatz zur Zeusgattin Hera, welche ihrem Gemahl deutlich untergeordnet ist -, denn ihr Mut und kluger Rat ist so groß wie der des Göttervaters.

Die Göttin hat universale Aufgaben und ist überall present. Ihr Kult geht weit über den weiblichen Bereich hinaus.

Als starke und wehrhafte Kriegerin schirmt Athena Städte vor feindlichen Überfällen, vor allem das nach ihr benannte Athen, und Häfen vor feindlicher Landung. Als Kriegsgöttin lenkt sie den Streitwagen und die Pferde, oder marschiert dem Heer voran, um es zu ermuntern. Wie ihr Bruder, der Kriegsgott Ares, liebt sie das wilde Schlachtgetümmel. Sie kennt als Einzige den Ort der Verborgenen Blitze des Zeus.

In den typisch weiblichen Tätigkeiten wie Weben, Spinnen und Sticken besitzt Athena eine große Kunstfertigkeit und verleiht diese Gaben den Mädchen und Frauen. In manchen Darstellungen führt sie deshalb auch als Attribut die Spindel mit sich. Die Göttin nimmt sich auch der Kinder an und gewährt den Müttern Fruchtbarkeit.

Vor allem schützt und fördert sie die bäuerlichen Handwerker sowie die Künstler. Sie gibt dem Menschen die Zügel, um die Rosse zu lenken, und lehrt ihn, den Pflug zu gebrauchen, sowie das Erbauen von Wagen und Schiffen. Auch die Erfindungen der Quadriga und der Auloi, eines aus zwei Röhren bestehenden Instrumentes mit einem oboenähnlichen Klang, werden ihr zugeschrieben.

Im Kult wird die Göttin dank ihrer Kunstfertigkeit dem Schmiedegott Hephaistos nahegestellt, denn auch er beschützt die Künstler und Handwerker.

Athena sorgt auch für den Frieden, indem sie auf dem Areopag in Athen einen Gerichtshof einsetzt, deren Vorsteherin sie bei den Volksversammlungen ist. Als Göttin der Weisheit schützt sie die Philosophen und Dichter.

In der Regel trifft Athena ihre Entscheidungen mit Vernunft, bisweilen wendet sie auch männliche List an. Manchmal kann sie aber auch sehr rachesüchtig und wütend werden und dann reagiert sie meist spontan.

Im Gegensatz zu ihrem Bruder Ares tritt die Göttin auch als persönliche Helferin und Beschützerin vieler Heroen auf, so z. B. von Perseus, Theseus, Herakles, Achilleus und Odysseus, deren Situation sie stets überblickt und denen sie mit Rat und Tat zur Seite steht.

Ihre Attribute, mit denen sie in der Kunst zumeist repräsentiert wird, sind Ägis, Helm, Schild und Lanze. Die Ägis, die auch gelegentlich von Zeus oder Apollon getragen wird, ist ursprünglich ein Ziegenfell, welches im Kampf als Schutzmittel dient. In Homers Ilias wird die Ägis ein Kunstwerk aus Metall mit hundert Troddeln von Gold. In der Kunst werden diese Troddeln im Laufe der Zeit zu Schlangen umgebildet, welche den Rand der Ägis säumen, um ihr ein erschreckenderes Aussehen zu verleihen. Gleichzeitig werden die Haare des Ziegenfells zu Schuppen stilisiert, um einen panzerartigen Eindruck zu erwecken. Das Schreckensbild der Gorgo Medusa ziert schließlich die Mitte der Ägis, um dem Feind Furcht einzujagen.

Der Beiname Pallas der Zeustochter kommt laut der Bibliothek, ein vermutlich im 1. oder 2. Jh. n. Chr. entstandenes und fälschlicherweise dem Apollodoros von Athen (2. Jh. v. Chr.) zugeschriebenes Werk, von der Tochter des Gottes Triton. Athena, so heißt es darin, übte sich in ihrer Jugend mit Pallas im Waffenkampf und tötete dabei aus Versehen ihre Gefährtin. Darüber war sie so traurig, daß sie sich eine Statue mit dem Abbild der Gefährtin anfertigte und sich zu ihrem Gedenken fortan den Beinamen Pallas zulegte.

"Pallás" bedeutet soviel wie kräftige Jungfrau, entsprechend der männlichen Form des Wortes "Pállas", was für kräftiger Jüngling steht. Aber das Wort "Pallás" kann möglicherweise auch vom Verb "pallein" abgeleitet werden, was agieren oder die Waffen schwingen bedeutet.

In jedem Fall kommen in dem Namenpaar Pallas-Athene die zwei gegensätzlichen Pole der Göttin zum Ausdruck: auf der einer Seite ihr kriegerisch-männlicher Aspekt, welcher sich im Namen "Pallás" widerspiegelt, auf der anderen Seite ihr weiblicher Aspekt, welcher der Name Athene verrät.

Das Palladion, eine Kultstatue der lanzenschwingenden Athena, gewährt Sicherheit der Stadt, welche es besitzt. In dieser Weise beschützt es auch Troja viele Jahre, bis die Stadt dem Untergang geweiht ist.

Ihr Beiname Tritogeneia, welchen Athena manchmal führt, ist ungeklärt. Möglicherweise geht der Name auf den Bach Triton in Boötien zurück, die vermeintliche Geburtsstätte der Göttin.

Da Athena klug und weise ist, wird sie als eulenäugig bzw. mit leuchtenden Augen, griechisch "glaukopis", bezeichnet. Wie die Eule, ihr heiliges Tier, hat sie leuchtende und scharfblickende Augen, mit denen sie durch alle Dinge hindurchsieht. Erstmals erhält Athena dieses Beiwort bei Homer (8. Jh. v. Chr.), im Ersten Gesang der Ilias.

Athena ist eine rein geistige Göttin und bleibt Jungfrau, griechisch "parthénos". Mit Männern hat sie nichts zu tun. Sie gehört, wie auch Artemis, Demeter und Hestia, zu jenen selbständigen weiblichen Gottheiten, welche keinen Platz für einen Mann an ihrer Seite haben.

Die niederen Instinkte verachtet Athena, Unzucht und Unkeuschheit werden von ihr schwer geahndet. So wird erzählt, daß Teiresias, der Seher aus der Ödipus-Sage, in seiner Jugend die Göttin beim Bade belauscht und etwas sieht, was er nicht darf. Athena straft ihn darauf mit Blindheit, verleiht ihm aber auf Bitten seiner Mutter, der Nymphe Charikló, die Fähigkeit des Hellsehens.

In der Bibliothek des Apollodoros wird von einer Liebeswerbung des Hephaistos um Athena berichtet. Darin heißt es, daß die Göttin eines Tages den Schmiedegott aufsucht, um sich Waffen zu besorgen. Hephaistos, von seiner Gattin Aphrodite verlassen, verliebt sich in Athena und stellt ihr nach. Sie gibt nicht nach. Trotzdem, gepackt von der Lust, benetzt Hephaistos ein Bein der Göttin. Die Zeustochter, angewidert, wischt sich mit einem Wolltuch ihr Bein ab und wirft es auf den Boden. Die Erde, Gaia, wird so befruchtet und ein Sohn, Erichthonios, kommt zur Welt, welchen Athena als ihren Sohn anerkennt. Sie zieht ihn ohne das Wissen der anderen Götter auf und vertraut ihn in einem Korb versteckt den Kekrops-Töchtern Aglauros, Pandrosos und Herse mit dem Verbot an, daß sie den Inhalt nicht erforschen dürfen.

Viele Züge der Athena weisen ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurück. So wird ihr auch die Einführung der Ölbaumzucht, welche bereits die minoischen und mykenischen Könige sehr schätzten, in Attika zugeschrieben. Wie der Mythos berichtet, streitet sie sich mit Poseidon, in der älteren Mythologie als Herr des Festlandes bekannt,um die Vorherrschaft von Attika. Das Land soll nach dem Beschluß der obersten Götter demjenigen gehören, welcher Attika das wertvollste Geschenk macht. Während Poseidon auf der Akropolis mit seinem Dreizack eine Quelle hervorsprudeln läßt, läßt Athena dort ein Ölbäumchen wachsen. Daraufhin entschieden die Götter, daß das Geschenk der Athena das Wertvollere ist und übertragen ihr die Herrschaft über Attika. Seitdem schützt die Göttin auch die Ölbaumzucht.

In hellenistischer Zeit, als die Ausdehnung Roms gen Osten erfolgt, wird Athena mit der italischen Göttin Minerva gleichgesetzt, doch spielt diese in der römischen Religion keine aktive Rolle mehr.

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