Themenübersicht zum Antiken Hellas

Tempel und figürliche Darstellungen der Athena

Zu Ehren der Göttin enstehen im Laufe der Zeit zahlreiche Tempel und Heiligtümer in ganz Griechenland, wie z. B. in Delphi, in Tegea in Arkadien, in Lindos auf Rhodos und vor allem in Athen auf der Akropolis

Bereits seit mykenischer Zeit besitzt die Akropolis von Athen eine wichtige Bedeutung, weshalb auf ihr immer wieder Monumentalbauten errichtet werden. Dazu gehört auch der ALTE ATHENA-TEMPEL, welcher im frühen 6. Jh. v. Chr. errichtet wird. Er trägt den Beinamen Hekatompedon, weil sein Naós, wo ursprünglich die hölzerne Kultstatue der Athena Polias steht, 100 Fuß lang ist. 480 v. Chr. werden während der Perserkriege alle Bauten der Akropolis völlig zerstört. Vom Alten Athena-Tempel sind heute nur noch seine Grundrisse zu sehen.

Unter dem Herrscher Perikles (um 495 - 429 v. Chr.) erfährt Athen eine lange und fruchtbare Friedenszeit, in der die Burg von Athen, die der Göttin Athena gehört, wieder völlig neu aufgebaut wird. Dabei wird der Festungscharakter der Akropolis aufgegeben und das ganze Areal in ein Nationalheiligtum verwandelt. So entstehen zu Ehren der Göttin der Parthenon, der Tempel der Athena Nike und das Erechtheion.

Unter diesen Tempeln ist der sogenannte PARTHENON das berühmteste Heiligtum der Athena. Er ist nicht zu Kultzwecken bestimmt, sondern repräsentiert vielmehr mit seiner Kolossalstatue der Athena Parthenos den Sieg der Griechen über die Perser. Oft wird er als der Höhepunkt der klassischen Architektur dargestellt, obwohl er ob seiner vielen Neuerungen eher als unklassisch bezeichnet werden muß. Seine Entstehung vollzieht sich in mehreren Stadien.

Der erste Parthenon oder Vor-Parthenon stammt noch aus der Zeit des Solon (um 640 - um 561 v. Chr.) und des Peisistratos. Er wird nach 510 v. Chr. durch einen wesentlich größeren Tempel, dem Ur-Parthenon, ersetzt, der an derselben Stelle errichtet wird. Die Arbeiten an diesem Bauwerk, welches dem traditionellen Tempelschema mit sechs Säulen an der Vorderseite und 16 an den Längsseiten folgt, sind beim Persereinfall 480 v. Chr. noch unvollendet.

468 v. Chr. werden unter Kimon (etwa 510 - 450 v. Chr.) die Bauarbeiten des Tempels wieder aufgenommen und als Baumeister Kallikrates ernannt. Beim Tode Kimons im Jahre 450 v. Chr. werden die Arbeiten wiederum eingestellt.

Der Bau des endgültigen Parthenon wird zwischen 448 - 438 v. Chr. auf den Grundmauern dieses Vorgängerbaus vom Architekten Iktinos vorangetrieben. Die Gesamtleitung des Baues wird dem berühmten Bildhauer Pheidias (um 490 - 430/ 420 v. Chr.) übertragen, welcher auch die 12 Meter hohe gold-elfenbeinerne Kolossalstatue der Athena Parthenos im Innern des Tempels errichtet.

Parthenon: Gesamtansicht.
Photo: Gabriele Pasch.

Der neue Parthenon wird in seinen Proportionen etwas verändert und weicht dadurch von den traditionellen Tempeln in Olympia und Ägina ab. Er ist im dorischen Stil errichtet, mit 10,5 m hohen Säulen, und besteht aus pentelischem Marmor. Der Tempel ist ein Peripteros, d. h. er hat umlaufende Säulen, je acht Säulen - anstatt der traditionellen sechs - an der 31 m breiten Fassade und Rückseite, und je 17 Säulen - anstatt der üblichen 16 - an den 70 m langen Seiten. Vom Typ her ist er ein Amphiprostilos, d. h. mit einer offenen Säulenvorhalle - von extrem geringer Tiefe, bestehend aus sechs Säulen - sowohl an der Vorderseite als auch an der Rückseite.

Parthenon: Grundriß.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard: "Das klassische Griechenland", München 1971.

Der Naós, in welchem sich die Kultstatue der Athena befindet, ist ungewöhnlich groß angelegt für einen derartigen Tempel. Er hat drei Schiffe, von denen das Mittlere gegenüber der sonst üblichen Anordnung breiter angelegt ist. Weiterhin präsentiert er die üblichen zwei Säulenstellungen übereinander.

Der Parthenón genannte hintere kleine Raum, in dem vielleicht der neue Peplos für die Göttin gewebt oder auch der Staatsschatz aufbewahrt wurde, hat vier hohe Säulen im Innern, welche eine überraschende Neuerung zeigen: sie sind im ionischen Stil errichtet. Diese Ionisierung eines dorischen Bauwerks, d. h. die Verwendung von typisch ionischen Elementen, wie die Kymatien auf den oberen Wandgesimsen, ist im Parthenon erstmals anzutreffen.

Am verschwenderischen Skulpturenschmuck des Tempels, welcher alle anderen Monumente dieser Art übertrifft, sind unzählige Handwerker beteiligt, welche von Pheidias beaufsichtigt werden. In den 92 Metopen des umlaufenden Triglyphen-Frieses sind mythische Szenen dargestellt, im Giebel auf der Ostseite die Geburt der Athena aus ihres Vaters Haupt, im Giebel der Westseite der Streit Athenas mit Poseidon um den Besitz Attikas. Der große, 160 m lange, Fries um die äußere Cella-Wand unter der Kassettendecke präsentiert den großen Zug der Panathenäen.

Ein anderer Tempel zu Ehren Athenas als Siegesgöttin ist der kleine ATHENA-NIKE-TEMPEL. Bereits um 449 vom Neffen Kimons entworfen, wird er jedoch erst 432 - 421 v. Chr. nach Vollendung des Parthenon auf einem Felsvorsprung, im Südwesten der Akropolis, vom Architekten Kallikrates errichtet. Es handelt sich dabei um einen ionischen Tempel mit den Maßen 5 x 8 Meter. Er ist ein Amphiprostylos, d. h. mit je vier Säulen an der Vorder - und der Rückseite.

Athena-Nike Tempel.

Ein Relieffries, nicht ein Flachrelief wie noch beim Parthenon, sondern ein Hochrelief, zieht sich um den ganzen Bau. Er repräsentiert an seiner Ostseite eine Ansammlung von Göttern mit der in der Mitte stehenden Athena, flankiert von den sitzendem Zeus und Poseidon. Athena ist hier als flügellose Siegesgöttin, als "apteros Nike" dargestellt, damit sie nach dem Volksglauben ihr Volk nicht verlassen kann. Auf den drei anderen Seiten sind die siegreichen Schlachten der Perserkriege dargestellt.

Das sogenannte ERECHTHEION, nördlich vom Parthenon gelegen, ist der jüngste Bau der Akropolis in klassischer Zeit. Es wird in den Jahren 421 - 406 v. Chr. vom Architekten Philokles im ionischen Stil erbaut. Das Gebäude umschließt mehrere ältere Heiligtümer. Aus diesem Grund erscheint der Baukomplex auch etwas unzusammenhängend, denn es gilt, die Verschiedenheit der religiösen Kulte sowie die Unebenheit des bereits bebauten Geländes unter einen Hut zu bringen.

Der Ostteil des Tempels ist der Athena Polias mit ihrem hölzernen Kultbild geweiht, welchem der neugewebte Peplos anläßlich der Panathenäen dargebracht wird, während im Westteil der mythische König Erechtheus verehrt wird, dessen Grab sich hier befindet.

Erechtheion. Photo: Gabriele Pasch.

Das ganze Gebäude präsentiert sich als ein rechteckiger Hauptbau mit angrenzenden Gebäudeteilen im Norden und Süden. Der in vier Säle aufgeteilte Hauptbau hat an der Ostseite eine prostyle Fassade, d. h. mit sechs vorgelagerten ionischen Säulen, während sich an der gegenüberliegenden Westseite ionische Halbsäulen mit Halbpfeilern verbinden.

An der Nordseite springt ein wunderschöner Portikus mit ionischen Säulen hervor, unter dem sich eine reich verzierte monumentale Tür öffnet. Ebenfalls an der Nordseite sieht man durch eine Öffnung im Boden das sogenannte Dreizackmal des Poseidon, das er hinterlassen hatte, als er sich mit Athena um den Besitz Attikas stritt. Im Süden springt die berühmte Korenhalle hervor, deren Gebälk von sechs Karyatiden getragen wird.

Seit römischer Zeit wird der Tempel im Innern mehrfach verändert, wobei er seine ursprüngliche Aufteilung in einen West - und einen Osttrakt verliert. Nur der Außenbau ist im großen und ganzen in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben.

Südöstlich vom Erechtheion befand sich vermutlich der GROSSE ATHENA-ALTAR.

Das sogenannte HEPHAISTEION beherrscht auf einem Hügel die westliche Ecke der Agorá, den Markt - und Versammlungsplatz Athens, und ist einer der besterhaltenen griechischen Tempel. Er ist Athena und Hephaistos geweiht.

Es handelt sich um einen dorischen Tempel mit sechs Säulen an der Fassade und 13 Säulen an den Längsseiten, welcher um 449 v. Chr., vermutlich von Kallikrates, begonnen, aber erst nach dem Tode des Perikles zwischen 421 und 415 v. Chr. beendet wird. Der Tempel hat bestimmte Merkmale, welche bereits im Parthenon anzutreffen sind.

Auch im Hephaisteion finden sich, wie im Athena-Nike-Tempel, ionische Friese über der Ost - und Westfront des Naós mit Hochreliefs anstatt dorischen Flachreliefs. An der Ostseite schauen auf dem Felsen sitzende Götter Kämpfen zu, an der Westseite ist die Kentauromachie zu sehen.

Hephaistos-Tempel. Photo: Gabriele Pasch.

Schon seit mykenischer Zeit wird Pallas Athene figürlich dargestellt. Eine der ältesten Darstellungen findet sich auf einer bemalten KALKSTEINPLATTE AUS MYKENE, entstanden um 1500 v. Chr., welche als Athena gedeutet wird. Es handelt sich dabei um eine Darstellung mit drei Figuren, deren Mitte Athena mit dem achtförmigen Schild der frühen mykenischen Epoche einnimmt, hinter welchem die Göttin fast völlig verschwindet. Die beiden weiblichen Figuren rechts und links von ihr sind als Adorantinnen zu betrachten.

Bis zur archaischen Epoche wird Athena in eher statischer Weise dargestellt. Sie wird auch sitzend präsentiert, so wie es höchst wahrscheinlich in dem verloren gegangenen alten Kultbild der ATHENA POLIAS, dem anläßlich der Panathenäen im Erechtheion der neugewebte Peplos geweiht wurde, der Fall war. Von ihm haben sich einige archaische Votiv-Terrakotten erhalten, welche das Sitzbild ungefähr widergeben.

Diese sitzende Athena gab den Typus der friedlichen Göttin wider. Sie war aus Olivenholz gefertigt, dem Holz des heiligen Baumes der Zeustochter. Athena trug statt des Helmes eine hohe Krone und die Ägis, auf die das Gorgoneion gemalt war. In der Rechten hielt sie eine Opferschale.

In der spät-archaischen Epoche wird der Typus der kriegerischen Athena herausgebildet, die sich in voller Rüstung, d. h. mit Helm, Ägis, Schild und Lanze, dem Feind entgegenstellt.

Auf den früheren dieser Darstellungen hält Athena die Waffen zumeist noch als Attribute. So auch in der kurz vor 500 v. Chr. entstandenen ATHENA DES APHAIA-TEMPELS von Ägina, wo sie in der Mitte des West-Giebels zwischen den Streitern in voller Rüstung erscheint. Die Linearität des Gewandstils ist noch sehr streng und spiegelt die spätarchaische Gesinnung wider.

Athena vom Westgiebel des Aphaia-Tempels in Ägina, Glyptothek München.

Eine lanzenschwingende ATHENA PROMACHOS hingegen, welche ihre Waffen aktiv einsetzt und dem Feind entgegenstürmt, präsentiert sich in der spät-archaischen, etwa um 480 v. Chr. entstandenen Bronze-Statuette von der Akropolis in Athen. Die Gewandfalten sind zahlenmäßig reduziert, wirken dafür aber sehr schwer.

Athena Promachos, Bronze-Statuette. Nationalmuseum, Athen.
Aus Werner Fuchs: "Die Skulptur der Griechen", München 1983.

In der klassischen Epoche wird Athena auch gerne in weniger kriegerischen Posen dargestellt, wie in einigen frühklassischen Metopen der Cella-Ostseite des Zeus-Tempels in Olympia um 465 - 460 v. Chr. In einer davon, nämlich ATHENA HILFT HERAKLES BEIM TRAGEN DES HIMMELS, erscheint die Göttin völlig waffenlos in der linken Bildseite, mit dem sogenannten gegürteten Peplos bekleidet. Sie wendet sich Herakles zu, dem sie mit ihrer Linken völlig mühelos - so als wäre sie gar nicht anwesend - hilft, das Himmelsgewölbe zu tragen. Atlas kommt von rechts mit den Äpfeln der Hesperiden.

Athena hilft Herakles beim Tragen des Himmels, Olympia, Museum.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard.

In der sogenannten ATHENA ELGIN, einer Bronzestatuette, welche gegen 460 v. Chr. entstanden ist, sieht man die Göttin ebenfalls in einer unkriegerischen Pose. Sie trägt den Peplos und den korinthischen Helm und hält anstelle der sonst üblichen Lanze eine Eule, das ihr zugeordnete Symbol der Weisheit, in der Rechten. Das vortretende rechte Spielbein macht sich unter den Gewandfalten leicht bemerkbar.

Athena Elgin, New York, Metropolitan Museum.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard.

Im gegen 460 v. Chr. entstandenen WEIHRELIEF DER ATHENA von der Akropolis begegnet uns ein weiteres Beispiel frühklassischer Bildkunst. Die Göttin zeigt sich hier von einer ganz anderen Seite: sie steht in nachdenklicher Pose auf ihre Lanze gestützt und betrachtet einen Grenzstein. Athena trägt den Peplos und den korinthischen Helm. Während die unteren Falten ihres Gewandes noch sehr streng gehalten sind, begegnen uns im Oberteil weich fließendere Gewandfalten.

Sinnende Athena, Weihrelief. Akropolis-Museum, Athen.

Ebenfalls zur klassischen Epoche gehört die um 450 v. Chr. entstandene ATHENA-MARSYAS-GRUPPE des Myron von der Akropolis in Athen, welche nur in einigen römischen Kopien überliefert und deren bronzene Variante ein gelungener Rekonstruktionsversuch ist.

In ihr haben wir eine sehr mädchenhafte Athena vor uns. Sie trägt wieder den gegürteten Peplos, den korinthischen Helm und hält die Lanze in ihrer Rechten. Soeben hat sie die Auloi, welche den Mittelteil der Komposition beherrschen, weggeworfen, denn sie hatten beim Spielen das Gesicht der Göttin entstellt. Der Waldgeist Marsyas entdeckt das Instrument und will es sofort begierlich aufheben. Athena hält ihn jedoch mit gebieterischer Gebärde davon ab. Die Handlungen beider Personen verlaufen in Wirklichkeit nicht gleichzeitig, sie werden erst von Myron räumlich miteinander verbunden.

Athena und Marsyas. Moderne Rekonstruktion nach Myron.
Aus Werner Fuchs.

In die Zeit der Hochklassik fällt die nach 450 v. Chr. entstandene ATHENA LEMNIA des Pheidias, welche die attischen Kolonisten von Lemnos als Weihegeschenk für die Akropolis von Athen stiften.

In der modernen Bronzerekonstruktion, welche nach dem Bronzeoriginal des Pheidias angefertigt wurde, steht Athena im Peplos mit einer abweichenden Art der Ägis: anstatt über beide Schultern gelegt ist sie hier um die Taille geschwungen und nur über der rechten Schulter zusammengeheftet. Die Göttin hält in der Linken die Lanze und betrachtet aufmerksam den mit der vorgestreckten Rechten gehaltenen korinthischen Helm. Ihre Haare betonen die männliche kriegerische Seite, sie sind kurz geschnitten und leicht gekräuselt.

Athena Lemnia. Moderne Rekonstruktion. Staatliche Kunstsammlungen, Dresden.
Aus Werner Fuchs.

Die 12 m hohe Gold-Elfenbein-Statue, die sogenannte ATHENA PARTHENOS vom Naós des Parthenon, welche Pheidias zwischen 447 - 438 v. Chr. errichtet und deren Aufstellung 438 erfolgt, ist verschollen. Sie war als Repräsentationsbild für ihre Stadt Athen gedacht, diente also nicht zum Kult. Die verkleinerten römischen Nachbildungen späterer Zeit geben nur einen schwachen Abglanz von diesem Meisterwerk wider, wie die sogenannte Varvakion-Athena, eine in Athen gefundene Marmor-Statuette aus dem 2. Jh. n. Chr., bei der das ursprüngliche ikonographische Schema und die Details noch gut zu erkennen sind.

Die Göttin des Pheidias-Originals stand nach Pausanias (2. Jh. n. Chr.) auf einer 1,20 m hohen Basis, auf deren Relief die Geburt der Pandora dargestellt war. Sie trug einen Helm mit einer Sphinx in der Mitte, welche von Greifen flankiert war.

Der Kern der Statue bestand wahrscheinlich aus einem Holzgerüst. Die Gewandung der Göttin war aus abnehmbaren Goldblättchen, welche über 100 kg gewogen haben sollen, während die nackten Körperteile aus Elfenbein bestanden.

Die Varvakion-Athena trägt wieder den gegürterteten Peplos und einen reich verzierten attischen Helm. Die schwere Ägis ist kurz abgeschnitten und hat in der Mitte über der Brust das Gorgoneion. Auf der vorgestreckten rechten Hand trägt Athena die Siegesgöttin Nike, welche noch von einer hohen Säule - im Pheidias-Original wahrscheinlich nicht vorhanden - gestützt ist. Die linke Hand legt sie auf den großen Rundschild, an dessen Innenseite sich eine Schlange, wohl Erichthonios, emporwindet. Als Verzierung hat der Schild außen den Amazonenkampf und innen die Gigantomachie in getriebenen Reliefs.

Athena ragt wie ein Pfeiler empor, ein Effekt, der noch durch die Steilfalten ihres Gewandes und die hohen Sandalen erhöht wird. Während das rechte Standbein unter den strengen Falten des Peplos verborgen bleibt, ist das linke Spielbein leicht zurückgesetzt und unterbricht so das pfeilerartige Aufragen der Göttin.

Varvakion-Athena. Athen, Nationalmuseum.
Aus Werner Fuchs.

Ebenfalls auf der Akropolis stand die verschollene 16 m hohe Bronzestatue der ATHENA PROMACHOS, auch dies ein Werk des Pheidias, der es um die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. geschaffen hatte. Die Lanze der Göttin hatte eine goldene Spitze und war schon von weitem sichtbar. Sie war als Palladion, d. h. als Schutzmittel gegen die Feinde der Stadt, gedacht.

Die sogenannte ATHENA FARNESE ist eine Marmorkopie nach einem Bronzeoriginal des Pheidias-Umkreises und stammt aus den Jahren um 430 - 420 v. Chr. Athena ist hier mit dem einfachen Chiton und dem gesteckten Mantel bekleidet. Ferner trägt sie die Ägis mit auffällig gekräuselten Schlangen daran und den Helm mit einer Sphinx in der Mitte. Mit der Linken hält sie ihre Lanze, während die Rechte nach vorn gestreckt ist. Die Gewandfalten fließen weich und harmonisch in diesem hochklassischen Werk.

Athena-Farnese. Marmorkopie. Neapel, Museo Nazionale Archeologico.
Aus Werner Fuchs.

In hellenistischer Zeit verliert die Ägis der Athena-Skulpturen an Ausdruck: sie wird dann meist so stark verkleinert, daß sie nicht viel mehr als eine Halsverzierung darstellt.

Auch in der Vasenmalerei wird die Göttin in mannigfaltiger Weise dargestellt. In die archaische Epoche, und zwar ins 3. Viertel des 6. Jhs. v. Chr., fällt die schwarzfigurige Trinkschale des Phrynos-Malers mit der EINFÜHRUNG DES HERAKLES IN DEN OLYMP. Athena befindet sich in der Mitte der Komposition. Sie hält Herakles, welcher links zu sehen ist, bei der Hand und führt ihn vor ihren Vater Zeus, der rechts im Bild auf seinem Thron sitzt. Der Göttervater wird Herakles nach einem abenteuerlichen Leben, in welchem die Zeustochter dem Helden oft beigestanden hat, die Unsterblichkeit verleihen. Die Göttin ist in Frontalansicht zu sehen, nur ihr Kopf ist im Profil, ihrem Vater zugewandt. Sie ist an ihrer großen Ägis zu erkennen, die ihre reichbestickte und noch sehr archaisch gestaltete faltenlose Tunika bis zur Taille bedeckt. Ansonsten trägt sie keine Waffen.

Einführung des Herakles in den Olymp, Trinkschale, London.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard: "Das archaische Griechenland", München 1969.

In der Zeit zwischen 500 - 480 v. Chr., der letzten Phase des archaischen Stils, ist die rotfigurige Amphora des sogenannten Berliner Malers mit der SINNENDEN ATHENA anzusiedeln. Die sehr grazil wirkende Göttin ist vollständig im Profil dargestellt, mit dem Kopf in nachdenklicher Weise leicht nach vorne geneigt. Sie trägt einen reich verzierten und leicht durchsichtigen Chiton mit dem Mantel darüber und ist voll bewaffnet. Schild und Lanze hält sich beide in ihrer Linken, während sie mit der Rechten einen Weinkrug hochhält.

Athena mit Weinkrug des Berliner Malers. Amphora, Basel.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard.

In die Zeit der Klassik, um 480 - 450 v. Chr., fällt der rotfigurige Weinkrug eines unbekannten Malers mit der Szene ATHENA MODELLIERT EIN PFERD. Es handelt sich wiederum um eine Profildarstellung der Göttin. Sie hat ihre Rüstung bis auf den Helm, unter dem ihre langen Haare hervorwallen, abgelegt und stattdessen eine Schürze über ihren Chiton gebunden. In der Linken hält sie einen Tonklumpen, mit dem sie sich am Maul des Pferdes zu schaffen macht. Hinter ihr sieht man an der Wand das Handwerkszeug der Göttin.

Athena modelliert ein Pferd. Weinkrug, Berlin.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard: "Das klassische Griechenland", München 1971.

Ebenfalls aus dem 2. Viertel des 5. Jhs. v. Chr. stammt der rotfigurige Henkelkrug mit der Szene ATHENA WECKT THESEUS aus der Umgebung des Pan-Malers. Wir sehen die Zeustochter an der linken Seite im Profil stehend, wie sie gerade Theseus weckt, um ihn aufzufordern, die schlafende Ariadne zu verlassen. Theseus hat kurz zuvor mit Athenas Beistand den Minotauros auf Kreta getötet und ist mit Ariadnes Hilfe aus dessen Labyrinth geflohen. Danach ist er mit ihr zur Insel Naxos geflüchtet. Athena trägt den Helm, unter welchem wieder die langen Haare hervorwallen, und die Ägis nebst der Lanze. Ihr Chiton weist sehr viele und feine Falten auf.

Athena weckt Theseus. Henkelkrug, Tarent.
Aus Charbonneaux, Martin, Villard.

Nach oben